6 SALZBURG, IM JAHRE 2021 JUBILÄUMSZEITUNG • AUGUSTINER BRÄU • KLOSTER MÜLLN SALZBURG # Die Bräustübl-Gastronomie - 361 Tage im Jahr geöffnet Das Unikum von Mülln Rainer Herbe kennt den Betrieb in- und auswendig. Er arbeitet seit 1985 im Augustiner Bräu, seit 2007 ist er als Bräustübl-Direktor für die Gastronomie verantwortlich. Bräustübl-Direktor Rainer Herbe Wie erklärt man das Müllner Bräustübl einem Menschen, der noch nie die zur freien Entnahme aufgestellt sind, werden ohne Unterschied durch die Wasch- dort war? Auf welche Weise vermittelt man ihm die Atmosphäre, die Stim- mung und das Besondere dieses Ortes? anlage geschickt und wieder in die Regale zurückgestellt; es handelt sich dabei immerhin um 4.200 Liter- und Halbliterkrüge, die die fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich hin- und herbewegen. Am Vormittag sind Wartungs- und Ausbesserungsarbeiten Die Eckpunkte sind an sich rasch aufgezählt: Es gibt fünf Säle mit über 1.100 Sitzplätzen möglich, außerdem findet die Warenanlieferung für die acht „Standln“ im Schmankerl- sowie einen Gastgarten und eine Veranda mit noch einmal zirka 1.300 Plätzen; auf- oder Standlgang statt. Rückt die Stunde der Öffnung näher, kümmert sich der zuständige gesperrt wird erst am Nachmittag um 15 Uhr, an Sonn- und Feiertagen um 14:30 Uhr; die Serviceleiter um die eingegangenen Tischreservierungen. Um 14:30 Uhr endet der meisten Gäste holen sich ihr Bier selbst an der Schank (es gibt aber auch Bedienung); Reinigungsdienst. Mit der Getränkevorbereitung wartet man bis zum Öffnen, damit der ganzjährig wird Märzenbier ausgeschenkt, saisonal auch Fastenbier und Bockbier an- „Stoff“ für die Bräustüblgäste mit der richtigen Temperatur ausgeschenkt werden kann. geboten; die feste Unterlage gibt es bei den Geschäften im Schmankerlgang; man kann sich das Essen aber auch selbst mitnehmen; hunderte bzw. tausende Stimmen erzeugen das Kurz vor dem Aufsperren ist alles bereitgestellt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter typische Bräustübl-Gegrummel. Aufgrund dieser Gegebenheiten die besondere Atmosphä- befinden sich an ihren Plätzen, ähnlich wie im Theater, wenn der Bühnenvorhang auf- re im Bräustübl abzuleiten, wäre aber doch ziemlich gewagt. Das Bräustübl ist, ohne gleich ins Pathetische abgleiten zu wollen, Teil eines Lebensgefühls, das heißt, um über diesen Ort mehr zu er- fahren, muss man ihn in erster Linie erleben. Wir gehen einmal davon aus, dass den meisten Leserin- nen und Lesern dieser Zeilen das Bräustübl von diversen Aufenthalten wohl bekannt ist, und starten daher unse- re kleine Exkursion durch das gastronomische Unikum zu UM ÜBER DIESEN ORT MEHR ZU ERFAHREN, MUSS MAN IHN IN ERSTER LINIE ERLEBEN geht. Beim Öffnen der Tore steht draußen auf dem Stiegenauf- gang vom Parkplatz bereits eine Traube von Menschen, die die Gunst der frühen Stunde nutzt: Sie eilen zu den Tischen, zu den Standln, zur Kassa und zur Schank, wo sich gleich wieder eine kleine Menschentraube bildet, so als ob es alles gratis gäbe oder – Gott bewahre – alles gleich aus wäre. Der Chef der Gastro- nomie, kennt das täglich wiederkehrende Ritual: „Das ist der erste Schwung“, erklärt er die Ankunft der 15-Uhr-Besucher, „ab 17 Uhr kommt dann der nächste Schwung.“ Direktor Herbe einem Zeitpunkt, an dem die Türen für das Publikum noch verschlossen sind. Um kennt sie alle, die Fans des Bräustübls: die Stammtischler, die Pensionistengruppen, die 6 Uhr in der Früh beginnt das Reinigungspersonal damit, die Säle und den Gastgarten des Innviertler, die Radler, die Familien, die Einsamen und auch die „Pappenheimer“. So nennt Bräustübls von jenen Dingen zu säubern, welche die Gäste zurückgelassen haben. er jene wenigen Gäste, die mitunter Ärger bereiten können. „Die fallen aber nicht ins Ge- Wenn am Vortag alle Säle geöffnet waren, müssen 141 Tische, 825 Sessel und natürlich die Nach wie vor wird der Besuch von Patienten des benachbarten Landeskrankenhauses langen Bankreihen gereinigt werden. Gab es am Vortag Gartenbetrieb, kommt der Gast- häufig mit einem Besuch des Bräustübls verbunden, insbesondere „Auswärtige“ nut- garten mit seinen 1.300 Plätzen auch noch dazu. Es wird der Müll entsorgt, der Schank- zen die Gelegenheit, sowohl Spitalspatienten als auch den Biertempel nebenan aufzu- bereich gereinigt, es müssen Böden gewischt und Tablettes gesäubert werden. Alle Krüge, suchen. wicht, bei uns ist es fast immer friedlich.“ 1907 Der Königsstammtisch bekommt einen neuen Platz Der erhöhte, „Hahnbaum“ genannte Tisch wurde 1907 vom alten Rittersaal in den neuen Saal 1 übernommen und bildet bis heute den begehrtesten aller Stammtische (nach einer Ansichtskarte). Den „Hahnbaum“ kann man als Ursitz aller Bräustübl-Stammtische bezeichnen und ist unter Stammtischbrüdern und -schwestern auch heute noch ganz besonders begehrt. l i n r e u e b e a h c M v h c r a s t f i t i S : o t o F